ARGE-Regionaltagung in Veitshöchheim:
Nachträge und Mängel am Bau sind den Kommunalen Geschäftsleitern ein Dorn im Auge
(Bericht von unserem Kollegen Dieter Gürz)
Die meisten Bauprozesse werden im Zusammenhang mit Nachträgen und Mängeln geführt. Kaum eine Kommune bleibt davon verschont. Ein Lied davon singen kann auch die Gemeinde Veitshöchheim, deren neues Lehrschwimmbecken wegen gravierender Schäden aufgrund unsachgemäßer Ausführung bereits seit zwei Jahren geschlossen ist.
Das Problembewusstsein für diese streitträchtigsten Themen am Bau zu schärfen, Fehler zu vermeiden und Handlungsempfehlungen zu erhalten war Thema der Herbst – Regionaltagungen der Arbeitsgemeinschaft der Geschäftsstellenleiter von Verwaltungsgemeinschaften und Geschäftsleitenden Bediensteten von Einheitsgemeinden in Bayern e.V. (ARGE GL in Bayern e.V.). Das Interesse war riesengroß. Über 70 Kommunalbedienstete kamen nach Veitshöchheim ins „Rokoko“ von Popp & Heilmann. Landrat Eberhard Nuß und Veitshöchheims zweiter Bürgermeister Oswald Bamberger hießen die Gäste aus ganz Bayern, darunter auch zwölf Teilnehmer aus dem Landkreis Würzburg willkommen.
Als Referent konnte Tagungsleiter Klaus Hahn (Bastheim in der Rhön) Rechtsanwalt Andreas Stangl aus Cham vorstellen. Wie der Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht monierte, würden in der Praxis bei Nachträgen und Baumängeln viele Baubeteiligte auf ein “falsches Gleis“ gelangen, weil sie nicht die teilweise höchst unterschiedlichen Spielregeln von BGB- Werkvertrag und VOB/B-Vertrag kennen.
Möglichst nicht von VOB abweichen
Besonders gefährlich sei, bei Auftragsvergaben die Verdingungsordnung für Bauleistungen Teil B, die nur eine Allgemeine Geschäftsbedingung aber kein Gesetz darstelle, nicht voll, sondern mit Abweichungen zu vereinbaren. Es müsse dann nämlich jede Bestimmung der VOB/B geprüft werden, ob nicht eine anderslautende Regelung des Bürgerlichen Gesetzbuches vorgehe. Bei ausschließlicher Geltung der VOB könne die Gemeinde als Auftraggeber, bereits vor der Abnahme eine Mängelbeseitigung fordern oder durch Mängelrüge die Verjährung hemmen. Außerdem seien Vergütungen erst viel später fällig.
Als Nachträge am Bau definierte der Fachanwalt, wenn das Bau-Ist vom Bau-Soll durch Mehr- oder Mindermengen, Leistungsmodifikationen, Folgeaufträge oder Bauzeitverzögerungen abweiche und sich dadurch die Vergütung ändere..
Es gelte hier der Grundsatz: „Guter Preis bleibt guter Preis, schlechter Preis bleibt schlechter Preis.“ Das heißt, die Baufirma könne für Nachträge nicht ohne nachvollziehbare Begründung höhere Einheitspreise fordern. Oft würden schon bloße Formfehler zu einem Vergütungsausfall führen, so wenn eine Baufirma einen zusätzlichen Vergütungsanspruch nicht vor Beginn der Arbeiten anzeigt. Bei Baubehinderung sei dagegen die Gemeinde für denn Fall schadensersatzpflichtig, dass sie Ausführungspläne nicht rechtzeitig zur Verfügung stellt.
Mängel beweisbar dokumentieren
Beim Thema „Umgang mit Mängeln am Bau“ kommt es laut Stangl entscheidend darauf an, ob eine Abweichung von den anerkannten Regeln der Technik von der Gemeinde vor oder nach Abnahme geltend gemacht werde. Von einer Garantie spreche man dagegen, wenn unabhängig vom Zeitpunkt der Abnahme durch die Baufirma eine besondere Eigenschaft oder eine Mangelfreiheit für einen bestimmten Zeitraum versprochen werde.
Wichtig sei die Folge von Mängeln beweisbar zu dokumentieren und schriftlich zu rügen mit konkreter Fristsetzung zur Beseitigung. Sollte die Baufirma dem nicht nachkommen habe die Gemeinde je nach Fallkonstellation Ansprüche auf Nachbesserung, Ersatzvornahme, Kostenvorschuss, Minderung, Aufwendungsersatz oder Schadensersatz, soeit der Mangel verschuldet wurde.
Nach der Erfahrung des Rechtsexperten würden bei Vereinbarung der VOB/B mehr Risiken für Firmen als für die Gemeinde als Auftraggeber bestehen. Gleichwohl rät er den Baubeteiligten zur „Kooperation statt zur Konfrontation“ .
Bildbeilage: Grußwort von Landrat Nuß, sitzend v.r.n.l. Referent Andreas Stangl, Tagungsleiter Klaus Hahn, 2. Bürgermeister Oswald Bamberger.